Was ist Verhaltenstherapie?

 

Hollywood oder Lebenshilfe:
Nur realistische Hilfen sind dauerhafte Hilfen.  

Welchen Anspruch soll, welchen Anspruch darf Psychotherapie verfolgen? Manche Patienten und Therapeuten verfolgen eine „Hollywood-Perspektive“, in der das Ende der Therapie wie das „happy-end“ eines Films sein soll.

Nach erfolgreicher Heilung verschwindet der Patient in sein Leben wie der siegreiche Cowboy von der Leinwand. Obwohl es mittlerweile eine anerkannte Trivialität ist, dass etwa Liebesfilme regelmäßig dann enden, wenn die Beziehung und damit auch neue Probleme beginnen, zeigt das Bild vom ewigen Glück gerade im „Psychosektor“ eine erstaunliche Persistenz.

Weitreichende explizite oder implizite Versprechungen von einer völligen Umgestaltung, von völliger Problemfreiheit, „implodierenden Symptomen“, immerwährenden Glück oder schmerzloser Lebensbewältigung sind jedoch nicht nur unrealistisch, sie sind in der Regel auch schädlich. Enttäuschte Hoffnungen verbittern besonders.

Gemessen am Hollywood-Standard erscheinen eigene Leistungen und Erfahrungen als Misserfolge und man selbst als Versager. Das Verfolgen von Schimären lenkt von einer realistischen Lebensbewältigung ab und verschwendet Energien, die anderswo erfolgversprechend eingesetzt werden können. Je mehr man sich auf Heilversprechen einlässt, um so unselbständiger wird man.

Psychotherapie kann aber nicht lebenslanges „An-die-Hand-Nehmen“ bedeuten. Das realistische Therapieziel heißt daher Problembewältigung und Hilfe zur Selbsthilfe. Auch bei komplexen Problemkonstellationen kann es bestenfalls darum gehen, neue Bewältigungsmöglichkeiten zu vermitteln und Angelpunkte zu identifizieren, um bestehende Systeme aufzubrechen. Psychotherapie kann dazu beitragen, das Schwimmen zu lernen, das Schwimmen selbst kann einem  jedoch niemand abnehmen.  

Verhaltenstherapie ist problemorientiert

Die Behandlung setzt in der Regel an der gegenwärtig bestehenden Problematik an. Das therapeutische Vorgehen wird möglichst genau auf die jeweilige Störung und den individuellen Patienten zugeschnitten, sodass für verschiedene Störungen in der Regel auch verschiedene Verfahren, die auf empirisch ermitteltem Störungswissen basieren, in individualisierter Form angewendet werden. Über die Lösung des aktuell bestehenden Problems hinaus wird eine Erhöhung der allgemeinen Problemlösefähigkeit angestrebt. Dies kann indirekt durch Transparentmachen des therapeutischen Vorgehens und der Vermittlung neuer Erfahrungen oder direkt durch gezielte Problemlösetrainings erfolgen.  

Quelle: J. Margraf, Lehrbuch der Verhaltenstherapie, 2. Auflage, Band 1, Seite 4 und 5, 2000

 

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